„Medium, Metapher, Motivation – Wie ikonisch ist der Text?“ – Symposium in Costagrande

„Medium, Metapher, Motivation – Wie ikonisch ist der Text?“ – Symposium in Costagrande

Vom 15. – 19. September 2009 fand in Costagrande/Italien das linguistische Symposium  Medium, Metapher, Motivation – Wie ikonisch ist der Text? statt. Dieses Kompaktseminar war eine Veranstaltung des Elitestudiengangs „Ethik der Textkulturen“ und wurde von Prof. Dr. Mechthild Habermann (Germanistische Sprachwissenschaft/Universität Erlangen), Prof. Dr. Wolfram Bublitz (Englische Sprachwissenschaft/Universität Augsburg) sowie Volker Eisenlauer, M.A. durchgeführt und geleitet.

„Kikerikiiii“, *lol*, „Veni, Vidi, Vici“ und die Desktopmetapher –   Wie bildhaft ist der Text?

Lautmalerei, Fotos, Sprachbilder und andere qualitative bzw. strukturelle Abbilder wurden im Rahmen des Studiengangs „Ethik der Textkulturen“ zum Ausgangspunkt genommen, um Antworten auf die Frage nach der Bildhaftigkeit von Texten zu finden. Vom 15. bis zum 19. September 2009 diskutierten Studierende und Dozierende in Costagrande (Italien) Sprache-Bild Texte in ihren unterschiedlichen Ausprägungen.

Die vielfach postulierte ‚Hinwendung zum Bild’ (iconic turn) stellt neue Herausforderungen an den Textbegriff. Zahlreiche Texte des alltäglichen Gebrauchs, wie z.B. Werbeanzeigen, Fernsehzeitschriften oder auch Chats und Weblogs, weisen eine enge Verflechtung verschiedener Modi auf. Bildhaftigkeit in Texten übersteigt aber bei weitem die bloße Einbindung von Bildern in Texte: Motiviertheit zwischen Zeichenform und dem, wofür sie steht, (Ikonizität) schlägt sich in verschiedenen Teilbereichen der gespro­chenen und geschriebenen Sprache nieder. In der Phonetik etwa in Form von onomatopoetischen Ausdrücken und Lautmalerei, in der Wortbildung durch (teil-)motivierte Komposita, in der Semantik durch Metaphern und Metonymien, in der Textlinguistik durch Diagrammatizität in der Abfolge. Nicht zuletzt besteht die kognitive Metapherntheorie auf eine enge Analogie zwi­schen sprachlicher Geformtheit und außersprachlicher Erfahrung. Solche konzeptionellen Aneignungsstrategien spielen besonders im Umgang mit den Neuen Medien eine zentrale Rolle: Die Desktopmetapher ersetzt die Kommandozeile mit einer graphischen Benutzermaske in Form eines virtuellen Schreibtischs, die Raummetapher parallelisiert die mediale Kommunikation mit der begehbaren, sozialen und ökonomischen Alltagswelt, die multilineare Vernetzung von hypertextuellen Fragmenten zeigt strukturelle Gemeinsamkeiten mit dem menschlichen Geist.  Wie auf dem Symposium deutlich wurde, bürgt eine zeichenhafte Nachbildung bestimmter Gegenstandsbereiche aber auch immer die Gefahr der Manipulation und kann zum Vorteil von vorherrschenden Ideologien ausgebeutet werden: Formal-strukturelle bzw. semantische Abbilder betonen gemeinsame Merkmale bestimmter Gegenstandsbereiche, während andere völlig ausgeblendet oder gar nicht erfasst werden. Beispielsweise bilden in der computervermittelten Kommunikation programmierte „Chatbots“ Kommunikationsbeiträge menschlicher Chatteilnehmer nach und verschleiern dabei völlig ihre binäre Ontologie.

Die diskutierten Modelle aus der Ikonizitätsforschung schaffen ein adäquates Analyseparadigma, um das Potential solcher Unterschwelligkeiten zu enttarnen und die hermeneutischen Prozesse offen zulegen. Sie können zwar keine Antworten auf Fragen bieten, wie „sollte man menschliche Fähigkeiten auf Computer übertragen?“ oder „welchen emotionalen Wert haben Gesten?“, tragen aber in großem Maße dazu bei, solche Fragen überhaupt zu stellen.

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