Demokratien zeichnen sich unter anderem durch Achtung der Menschenrechte, Gewaltenteilung, Unabhängigkeit der Gerichte, ein Mehrparteiensystem sowie freie, gleiche und geheime Wahlen aus. Im Grundgesetz sind die Meinungs- und Pressefreiheit sowie die Freiheit von Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre verankert.
Demokratie gilt hierzulande als selbstverständliches Privileg. Dieser Befund täuscht aber darüber hinweg, dass auch demokratische Staatsformen gepflegt, reflektiert und immer wieder hinterfragt werden müssen. Mehr noch, es gehört vielleicht zur Pflicht eines demokratischen Staatsbürgers, diese Pflege und Reflexion aktiv zu betreiben. Welche Rolle dabei die Künste spielen, soll Gegenstand der Diskussionen der Augsburger Gespräche 2024 sein.
Hat Kunst nicht nur das Privileg, sondern auch die Aufgabe, sich kritisch mit ihrer Umgebung auseinanderzusetzen und in ihrer Unbestimmtheit zum Nachdenken anzuregen? Dabei geht es nicht um moralische Stellungnahmen, sondern gerade ihr potenziell offener Charakter, der sich in den Formen der Künste zeigt, spielt dabei eine herausgehobene Rolle. Dass diese Formen potenziell als gefährlich eingestuft werden, zeigt nicht nur unsere Vergangenheit, sondern auch gegenwärtige autoritative Systeme versuchen immer wieder diese Offenheit der Kunst zu unterbinden.
Freiheit der Kunst bedeutet aber auch, sie von konkreten Zwecken zu entkoppeln. Kunst muss weder gefallen, erklären, noch irgendetwas richten. Nur so kann sie ihren übergeordneten Sinn und ihr demokratieförderndes Potenzial entfalten. Nur so kann sie irritieren, provozieren, kritisieren, Begegnungs- und Gesprächsräume eröffnen. Gerade durch ihr freies Spiel mit der Form fordert sie zu einer Haltung heraus, stößt ethische Aushandlungsprozesse an, ohne dabei moralische Positionierungen vorzunehmen.
So gesehen lebt Demokratie vom offenen künstlerischen und kulturellen Diskurs, der auch Gegensätze und Kontroversen aushält.
Als Ort des Experimentierens oder Medium der Kommunikation trägt Kunst dazu bei, das Leben in einer Gesellschaft vielfältiger zu machen, Ambiguitäten auszuhalten und Diversität sichtbar zu machen. In diesem Sinne können die Künste als gesellschaftliches Laboratorium verstanden werden. Diese und andere Fragen werden in offener und geschlossener Runde bei den diesjährigen Augsburger Gesprächen zu Literatur, Kunst und Engagement, die vom 23.-25. Juli 2024 stattfinden, mit verschiedenen Schriftsteller*innen, Musiker*innen und Theaterschaffenden diskutiert. Für dieses Jahr haben zugesagt: Raphaela Bardutzky, Shida Bazyar, Thomas Brussig, Franz Dobler, Joshua Groß, Michael Jordan, Daniel Kahn, Burhan Quarbani, Barbara Yelin.