Die Dialoge Platons sind Schauplätze listiger Erzählstrategien und dramaturgischer Szenarien. Die Kritik an den Dichtern geht mit einem erstaunlichen literarischen Raffinement einher, über dessen Relevanz freilich viele Diskussionen geführt wurden. Vor allem die Schriftsteller haben die Komplexität seiner Verfahrensweise kreativ aufgegriffen und fortgeführt. Die Impulse des 18. Jahrhunderts und der Romantik sind in der klassischen Moderne ausdifferenziert worden. Im Rückgriff u.a. auf Sören Kierkegaard und Rudolf Kassner zeigt sich bei Hugo von Hofmannsthal und Thomas Mann, bei Bertolt Brecht und Friedrich Dürrenmatt, besonders bei Franz Kafka und Ingeborg Bachmann, wie sehr Platon in der Sicht der Literatur als Autor der Moderne gelesen worden ist.
Mathias Mayer: Platons Macht über die deutsche Literatur. 2022 (=Das Abendland – N.F. 46)